Im Großen und Grunzen
Ich bin subtil mikroaggressiv bei schriftlichem Grunzgebrauch. Wenn etwa ein Norbert oder Hans auf meine Online-Kleinanzeigen schreibt „Schon weg?“ oder „Was ist der Versand mit Porto?“, antworte ich mit Anrede, epischen Erläuterungen, allen guten Wünschen und herzlichen Grüßen. Mein Beziehungshinweis ist Absicht: Du kommunikativer Primat. Ich hochsprachlicher Adel.
Geplapper ist wie Grunzen. Nur länger.
Generell scheint „Zurück auf die Bäume“ zurzeit hoch im Kurs zu stehen. Kein Wunder, wenn es außerhalb des digitalen Lebens kaum sichtbares Wirken und Werken gibt. Dann erscheint natürlich jedes Baumhaus wie eine Höchstleistung. Sich von Fortschritt, Fakten und Fehlbarkeiten abzuwenden, viel einfacher.
„Klick“ ist nur der Auslöser. Nicht der Lösungsweg.
Wer andererseits noch nie einen Holzbalken zu kurz abgesägt hat, verliert jegliches Maß. „Jetzt!“ ist die Sprache der Digital-Buttons. Auf Knopfdruck ihr suggeriertes Versprechen. „Warum möchten Sie mir nicht meine [achte] Frage zu Ihrer Kommode beantworten? Sie wollen mir doch was verkaufen!“ – Vielleicht, weil ich keine Maschine bin? Und auch nicht deine Mami!
Bedenkliches über das Nachdenken
Vor mehr als 25 Jahren habe ich Bücher des Medienkritikers Neil Postman gelesen. „Wir amüsieren uns zu Tode“ und „Das Verschwinden der Kindheit“ hatten mich nachhaltig beeindruckt. 1985 warnte er davor, dass etwa mit dem Fernsehunterricht das komplexe, schlussfolgernde Denken verkümmert. Nicht das Medium an sich hielt er für problematisch, sondern dass jedes Thema als Unterhaltung präsentiert wird. „Wenn aus Bürger Zuschauern werden...“ „Wenn ein Volk sich durch Trivialitäten ablenken lässt…“ Dann … Nein. Jetzt.
- Ziehen wir am besten das Beste – für alle – aus allen Welten!